FAUST II, 4. Akt
Die 12. Klasse der Freien Waldorfschule Hildesheim
Am Fuße des Rottsbergs im äußersten Westen der Stadt, befindet sich heute die Freie Waldorfschule Hildesheim. Der oberhalb der Schule befindliche „Panoramaweg“ bietet einen hervorragenden Ausblick über die im Tal gelegene, größte Kleinstadt Niedersachsens, der erst kürzlich der Großstadt-Status aberkannt wurde. Trotz dieses herben Rückschlags stellt Hildesheim weiterhin zwei UNESCO-Weltkulturerbe und ist in diesem Punkt sogar der Landeshauptstadt Hannover überlegen – ein Besuch der frühromantischen Kirche St. Michaelis (erbaut 1010 n.Chr.) lohnt sich ebenso sehr wie die Besichtigung des sagenumwobenen Hildesheimer Doms, dessen 1000jähiger Rosenstock sogar die beiden Weltkriege nahezu schadlos überstand.Im Gegensatz zur Stadt blickt die Freie Waldorfschule auf eine jüngere, aber nicht minder aufregende Vergangenheit zurück: Vor gut dreißig Jahren, im August 1983, wurde die Schule von 8 engagierten Lehrern gegründet, bis heute sind Mitglieder des Gründungskollegiums an der Schule vertreten. Die Zahl der Schüler konnte innerhalb der ersten zehn Jahre von 114 (in 4 Klassen) auf 395 (in 13 Klassen) fast vervierfacht werden, sodass im Schuljahr 1993/94 zum ersten Mal alle Abschlüsse (einschließlich Abitur) möglich wurden. Ebenfalls im Jahre 1994 zog die Freie Waldorfschule Hildesheim – nach langen Wanderschaften – in ihr heutiges Zuhause ein.
Seitdem hatte die Schule immer wieder mit schwankenden Schülerzahlen und den damit einhergehenden finanziellen Problemen zu kämpfen, hinzu kamen der Brand in Hort- und Gartenbaugebäude im Frühjahr 2011 und die bundesweit bekannt gewordene „Panne“ während der Abiturvorbereitungen 2012. Doch die Schulgemeinschaft blickte stets nach vorn – mittlerweile hat sich die Schule finanziell erholt und der Neubau an Stelle der abgebrannten Gebäude konnte kürzlich fertiggestellt werden.
Unsere Klasse geht nun nach 11½ Jahren 100% Waldorfschule – inklusive Gehölzkunde-Unterricht, Poetik-Epoche und zahlreichen Klassenfahrten & Praktika in die abgelegensten Orte Deutschlands – in die alles entscheidende Phase. Die Abschlüsse rücken immer näher, unsere gemeinsame Zeit ist bald zu Ende. Hinzu kommen die in der 12. Klasse üblichen Jahresarbeiten und – natürlich – das Klassenspiel. Lange Zeit waren wir uns im Unklaren, was dafür in Frage kommen könnte – von Komödien oder einem eigens kreierten, selbst erarbeiteten Theaterstück war die Rede. Doch als wir durch unsere Musik- und Theaterlehrerin Katrin Bretschneider vom FAUST-Projekt erfuhren, war die Sache schnell klar: Die anfängliche Skepsis wich dem ungeheuren Tatendrang, am Faust-Festival 2014 mitzuwirken und einen der sechs Parts zu übernehmen. Einzig und allein die hohen Anfahrts- und Transportkosten konnten uns von unserem Vorhaben noch abschrecken (Hildesheim ist ganze 600 Kilometer von München/Ismaning entfernt!) - doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! Durch das Engagement jedes einzelnen Schülers beim Waffelverkauf im Eingangsbereich, bei der Organisation der zahlreichen Tombolas (die dank unserer tollen Sponsoren ein voller Erfolg wurden) bis hin zur anstrengenden Gartenarbeit sind wir dabei, uns die Teilnahme am FAUST-Projekt Schritt für Schritt zu erarbeiten.
Wie jede der sechs Schulklassen bringen auch wir bereits einige Erfahrungen im Bereich Theater mit – bereits in der 6. Klasse brachten wir den „Raub der Sabinerinnen“ erfolgreich auf die Bühne, in der 8. Klasse folgte schließlich die Inszenierung von E.T.A. Hoffmanns „Fräulein von Scuderi“. Nach vier „theaterlosen“ Schuljahren ist die Vorfreude auf die vier intensiven Probenwochen mit den anschließenden Aufführungen groß. Außerdem freuen wir uns auf die große, geräumige Bühne in München, die uns bei der Gestaltung des Theaterstücks viele neue Möglichkeiten eröffnet. Die schulinterne Vorstellung unseres Parts mussten wir in die Turnhalle verlegen, um schon in Hildesheim eine vergleichbare Größenordnung zu finden ...